Bild eines EC-Kartenlesegeräts mit eingesteckter Karte

Die Stadt Leipzig wird ab 2025 offiziell die sogenannte Bezahlkarte einführen. Mit dieser Karte dürfen Asylbewerber nur noch maximal 50 Euro Bargeld pro Monat abheben. Alle weiteren Zahlungen müssen per EC-Karte getätigt werden. Ziel dieser Maßnahme sei es, Schwarzmarktgeschäfte zu reduzieren und zu vermeiden, dass den Familien Geld in die Heimatländer geschickt wird.

Sven Morlok (FDP), Vorsitzender der Freien Fraktion im Leipziger Stadtrat, kritisiert: “Die Bezahlkarte kommt überstürzt und ist nicht durchdacht. Wir erschaffen wieder einmal ein wirkungsloses Bürokratiemonster. Alle benötigten Ressourcen wären an anderer Stelle so viel produktiver eingesetzt. Gerade in der Bearbeitung von Ausländerrechtsanliegen hängen die Verwaltungen teilweise Jahre zurück. Die positiven Effekte hingegen werden nicht zu merken sein. Die Bezahlkarte soll nicht etwa den Flüchtlingsstrom beeinflussen, sondern vielmehr die Stimmung von Wählerinnen und Wählern in Deutschland.”

Morlok räumt ein, dass es sogenannte Pull-Faktoren gibt, die Deutschland zu einem attraktiven Ziel für Geflüchtete machen. Dazu gehören beispielsweise höhere Sozialleistungen als in anderen europäischen Ländern. Wer jedoch glaubt, dass die Einführung der Bezahlkarte die Flüchtlingszahlen reduzieren wird, der liege seiner Ansicht nach völlig falsch.

„Glauben wir wirklich, dass Menschen, die sich auf die Flucht begeben haben, ihre Entscheidung davon abhängig machen, wie viel Geld sie auf einer Karte in Deutschland abheben können? Glauben wir, dass dies das Diskussionsthema in einem Kriegsland wie Syrien ist? Glauben wir ernsthaft, dass eine Familie in Subsahara-Afrika, die aus wirtschaftlichen Gründen jemanden auf den gefährlichen Fluchtweg nach Europa schickt, diese Entscheidung revidiert, nur weil Deutschland eine Bezahlkarte einführt und der monatliche Abhebebetrag auf 50 oder 100 Euro begrenzt wird? Ich halte das für sehr naiv“, so Morlok.

Morlok stellt weiter fest: „Wer einen Blick auf die Geschichte Deutschlands wirft, erkennt schnell, wie wenig effektiv die Bezahlkarte wohl sein wird. Nach den beiden Weltkriegen, als die Reichsmark praktisch wertlos war, gingen die Deutschen auf ein Tauschsystem über, bei dem Zigaretten als Währung genutzt wurden. Was hindert Flüchtlinge daran, ähnliche Taktiken anzuwenden, um die Bezahlkarte zu umgehen und an das geschätzte Bargeld zu kommen?“ Morlok stellt außerdem infrage, wie realistisch es ist, eine Million Flüchtlinge und ihr Ausgabeverhalten effektiv zu kontrollieren und zu überwachen.

Die Freie Fraktion sieht in der Einführung der Bezahlkarte eine Maßnahme, die zwar politisch gewollt sein mag, jedoch wenig greifbare Auswirkungen auf das eigentliche Problem haben wird.